Ab 1726 ließ Kurfürst Clemens August die Ruine der kurkölnischen Landesburg in Brühl als Schloss wiederaufbauen. War zuerst an ein Jagdhaus gedacht, so wandelte sich der Charakter mehr zu einem Residenzschloss, nachdem 1728 François de Cuvilliés die Planung übernommen hatte. Für die Nutzung als Jagdhaus entstand ab 1729 südöstlich des Brühler Schlosses das kleinere Schloss Falkenlust, ebenfalls nach Plänen von Cuvilliés. Dabei nahm der Kurfürst widerrechtlich Land im Palmersdorfer Forst in Anspruch, das dem Kölner Cäcilienstift gehörte. Nach langen Verhandlungen konnte er dem Stift das Grundstück abkaufen, musste aber ein Mehrfaches von dem bezahlen, was das Gelände als Wald eigentlich gekostet hätte.
Für Clemens August, der ein großer Liebhaber der Beizjagd mit Falken war, lag Schloss Falkenlust ideal; denn diesen Platz mussten die Reiher, die ihre Horste in den Bäumen des Brühler Tiergartens hatten, auf dem Weg zur Futtersuche in der Rheinniederung überqueren. Bei der Beizjagd kam es nicht darauf an, die Reiher zu erlegen; vom Falken zu Boden gezwungene Reiher wurden vielmehr beringt wieder in die Freiheit entlassen, nachdem man sie notfalls gesundgepflegt hatte. Wichtig waren der Sport und die Herrschaft über die Natur, die spätestens seit dem Falkenbuch Kaiser Friedrichs II. sinnbildlich für die Tugenden eines Fürsten standen. Schloss Falkenlust ist daher mit zahlreichen Motiven der Falkenjagt geziert; als Wetterfahne auf dem Belvedere dient die Silhouette eines Reihers.
Unterer Salon in den Farben blau und weiß, Ausweis der bayrischen Herkunft des Kurfürsten aus dem Geschlecht der Wittelsbacher. Foto: Horst Gummersbach
Schloss Falkenlust ist eine maison de plaisance. Damit wird ein Bautyp bezeichnet, der in der französischen Architekturtheorie entwickelt wurde und vor allem einen zwanglosen Aufenthalt auf dem Lande ermöglichen sollte. In diesem Sinne nutzte auch Clemens August Schloss Falkenlust. Charakteristisch für den Bautyp ist neben der Zweigeschossigkeit die Dreiteilung des Grundrisses mit einem hervorgehobenen Mittelteil. In Falkenlust haben die Seiten jeweils nur zwei Fensterachsen, während die Mitte der hier zu sehenden Ostseite in dreifacher Brechung vorspringt. In der Mittelachse liegt in jedem Geschoss ein Salon, dem zur anderen Seite, nach Westen, ein Vestibül vorgelagert ist. Die Seiten enthalten nach Osten jeweils ein Schlaf- oder Speisezimmer, im Westen kleinere Kabinette und vor allem das Treppenhaus. Das Dach trägt eine begehbare Terrasse; von hier konnten Gäste die Jagd beobachten, wenn sie nicht selber an ihr teilnahmen. Notwendige Nebenräume wie Küche und Stallungen, vor allem auch Räume für Falken und Falkner, sind in zwei separaten, den westlich vorgelagerten Hof begleitenden Flügelbauten untergebracht. Die heutige Farbfassung, weiße Flächen mit grauen Gliederungen, entspricht dem, was auf Abbildungen der Entstehungszeit zu sehen ist, und bringt die Architektur besser zur Geltung als die ältere Gestaltung mit blassblauen Flächen und weißen Gliederungen.
Falkenlust wurde bereits wenige Jahre nach seiner Erbauung im 18. Jahrhundert als Sehenswürdigkeit aufgesucht. So von der Familie Mozart im September 1763 auf der großen Konzertreise (die Kinder Nannerl und Wolfgang Amadeus dreizehn und sieben Jahre alt). Für Falkenlust notiert der Vater Leopold Mozart in seinen Reiseaufzeichnungen als Erstes: “Das Spieglzimmer, wo alles Schnitzwerk vergoldet ist.”(Leopold Mozart: Reiseaufzeichnungen 1763–1771. Dresden 1920, S. 26) Foto: Horst Gummersbach
Nach dem Ende des Kurfürstentums lief Schloss Falkenlust durch verschiedene private Hände und wurde Wohnhaus. Dennoch blieben Gebäude und Ausstattung im Wesenlichen unverändert erhalten und konnten restauriert werden, nachdem das Land Nordrhein-Westfalen 1960 Falkenlust erworben hatte. Heute ist Schloss Falkenlust zusammen mit Schloss Augustusburg Teil der Welterbestätte Schlösser Brühl.
Dr. Ulrich Stevens