Ein vollständiges Schloss besteht aus der Gesamtheit von „Bau-, Garten- und Wasserwerken“ – so, wie man es in Brühl vorfindet. Von den Gartenanlagen sind hier vor allem diejenigen Teile wichtig, die vor der Südfassade des Schlossgebäudes liegen.
Schloss Augustusburg, Gartenseite. @Archiv Burg Schwadorf
Sie bestehen aus dem von seitlichen Bosketts begleiteten Parterre, das im Auftrag des Kurfürsten Clemens August ab 1728 nach Plänen des Gartenintendanten Dominique Girard angelegt wurde, und den Waldteilen, deren Grundriss immer noch dem mittelalterlichen Tiergarten an dieser Stelle entspricht.
Blick vom Schloss auf das Südparterre (2015). @Archiv Burg Schwadorf
Beide Teile durchzieht die von Süden auf das Schloss zuführende Hauptachse, die sogenannte Poppelsdorfer Allee. Dass sie angeblich als unmittelbare Verbindung zwischen Augustusburg und dem Poppelsdorfer Schloss in Bonn gedacht gewesen sei, geht möglicherweise auf eine Erläuterung zurück, die der Vorgänger und Onkel von Clemens August, Kurfürst Joseph Clemens, in seine Skizze zum Wiederaufbau der ruinösen Burg in Brühl eingetragen hat: „allée qui va a Bonne‟– Allee, die nach Bonn geht. Der im Schloss erhaltene Originalplan von Girard, der manches zeigt, was nie realisiert wurde – etwa das Kanalkreuz östlich des Schlossgebäudes – enthält jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass an einen Ausbau der Achse außerhalb des Schlosses gedacht war, sondern stellt dort lediglich Flurgrenzen dar, die die gedachte Linie durchschneiden. Dass aus einem Park eine nicht begehbare Sichtachse die umgebende Landschaft einbezieht, ist ein beliebtes Motiv barocker Gartengestaltung. So war der Ausbau des Aussichtsplatzes am Südende der Hauptallee bei der Wiederherstellung der 1930er Jahre eine adäquate Ergänzung dieser Achse.
Blick von der Hauptallee zum Aussichtspunkt und auf die Schallenburg. Foto: M. Zöphel
Nachdem Clemens August 1761 gestorben war, blieb der Garten trotz einiger Veränderungen in den Grundzügen erhalten. In der Zeit, in der Brühl zu Frankreich gehörte, half ab 1796 die Einstufung als jardin national. Vor allem aber ist der Hofgärtner Joseph Weyhe zu nennen, der sogar sein eigenes Vermögen zur Erhaltung des Parks einsetzte. Eine zweite bedeutende Phase der Parkgeschichte begann 1842 mit der Umgestaltung nach Plänen des Potsdamer Gartendirektors Peter Joseph Lenné. Ein wichtiger Gedanke dabei war die Herrichtung des Parks als Erholungsraum für die Kölner, mit dem die Errichtung des Bahnhofs östlich des Schlosses unmittelbar zusammenhängt. Die Bonn-Cölner Eisenbahngesellschaft erhoffte sich nämlich durch den Ausflugsverkehr zusätzliche Einnahmen; mit Einführung einer 4. Klasse gestaltete sie den Fahrpreis so, dass auch „gering bemittelte Personen davon Gebrauch machen“ konnten. Wie sehr die Eisenbahn Teil der Parkgestaltung war, lässt sich kaum nachvollziehen, nachdem die Strecke 1910/11 zur Entflechtung des Verkehrs höher gelegt wurde. Bemerkenswert an den Planungen Lennés ist, dass das Parterre zwar im Sinne der Zeit überformt wurde, in den Grundstrukturen aber erhalten blieb.
Postkarte des 19. Jahrhunderts (gelaufen am 10. Juli 1898): “Gruss aus Brühl, wo mir so oft war schwül!”. @Archiv Burg Schwadorf
Die folgenden Jahrzehnte brachten weitere Veränderungen mit sich. Um die Wende zum 20. Jahrhundert war ein Zustand erreicht, der auf den zeitgenössischen Postkarten zwar idyllisch aussieht, der aber nur noch wenig mit dem gartenkünstlerisch Gewollten gemein hat.
Modell der Weltausstellung von 1937. Foto: U. Stevens
So überlegte die „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten“ in Berlin bereits seit 1925, das Parterre auf der Basis des Girard-Plans zu rekonstruieren. Dabei erreichte Potente bei der Gestaltung der Zierformen im Detail eine Genauigkeit, die bei der Wiederherstellung von 1983 bis 1986 nur wenige Korrekturen erforderte. Stolz konnte man auf der Weltausstellung 1937 in Paris ein Modell des Brühler Parterres präsentieren. Die Maßnahme wurde dabei mit dem Grand Prix für Denkmalpflege ausgezeichnet.
Dr. Ulrich Stevens