Blick auf Schwadorfer Weiherhof von Südosten, im Hintergrund die Burg (1926). Foto: Josef Spürck. ©Archiv Burg Schwadorf
Geht man vom Strauchshof aus auf dem Weg am Areal der Schallenburg entlang, dann kommt man – ob auf der Dorfseite im Westen oder entlang der freien Feldflur im Osten – am Gebietsende immer auf die vormalige Grenze zum Kerngebiet des Weiherhofes.
Wie die Tranchotkarte von 1807 zeigt, schloss das – hier hervorgehobene – Gebiet des Weiherhofes in ganzer Breite an das Burggelände an (das heute noch in dem damaligen Umfang vorhanden ist). Das gesamte Gelände nördlich der Weiherhofstraße, inklusive des heutigen Spielplatzgeländes gehörte zum Hofgebiet, dessen Kernbereich um die Gebäude – wie die Tranchotkarte ebenfalls zeigt – über einen Wassergraben verfügte. Dieses Herrschaftszeichen verweist auf Alter und Rang der ursprünglichen Anlage: Der Weiherhof war ein Herrenhof, ein sog. Fronhof des Kölner Stifts St. Kunibert. In einem Fronhof wurden die Abgaben aus dem Gebiet der Grundherrschaft gesammelt, daher besaß ein solcher Hof eine besonders große Scheune. Als eigene Verwaltungseinheit verfügte der Hof zugleich über eine eigene Gerichtsbarkeit, die noch 1682 urkundlich „über die baach an der stockbrück“ lokalisiert wurde und also nicht im Hof, sondern am heutigen Dickopsbach östlich der Hofstätte lag. Ganz außergewöhnlich war dabei, dass dieser Hof über eine hohe Gerichtsbarkeit verfügte und Todesurteile erlassen und vollstrecken durfte. Der bekannte Brühler Historiker Fritz Wündisch widmete dem „Weiherhof in Schwadorf“ 1992 eine eigene Abhandlung. In dieser geht er davon aus, dass der Heilige Kunibert selbst von dem fränkischen König Dagobert I. die Hofstätte und mit ihr dieses Recht eingeräumt bekam. Das würde bedeuten, dass die Hofstelle im 7. Jahrhundert gegründet wurde; die ungewöhnliche Übertragung hoher Gerichtsbarkeit verweist jedenfalls auf eine sehr frühe Gründung.
Die Verwaltung eines solchen Fronhofes lag bei Adeligen, hier der Familie von Dorne, die seit dem 13. Jahrhundert in Schwadorf nachweisbar ist und nach welcher der Hof über Jahrhunderte Hof Dorn hieß. Das änderte sich, als 1416 die Truppen des Herzogs von Berg im Krieg mit dem Kölner Kurfürsten in Schwadorf einfielen und viele Häuser des Dorfes niederbrannten, so auch den Dornhof. Der Wiederaufbau erfolgte auf Weisung, doch ohne Bereitstellung von Mitteln des Stifts durch einen Nachkommen der Familie von Dorne als einfacher Gutshof und ohne den vormaligen Herrschaftsanspruch als Adelssitz. Die Berechtigung auf eine eigene Wasserumwehrung ging damit verloren, der Wassergraben renaturierte zum hofnahen Gewässer, der Hof Dorn wurde in Urkunden, Dokumenten und alltäglichem Sprachgebrauch zum Weiherhof. Die eigene Gerichtsbarkeit des Hofes jedoch war durch die Grundherrschaft des Kunibertstifts garantiert und blieb – auch ohne den Wohnsitz adliger Verwalter auf dem Hof selbst – weiterhin erhalten. Allerdings scheint wenigstens die Blutgerichtsbarkeit selten ausgeübt worden zu sein; u.a. die im 17. Jahrhundert erfolgte ausdrückliche Klärung des Ortes der Gerichtsstätte lässt darauf schließen.
Mit dem Einfall der französischen Revolutionstruppen in Schwadorf endete 1794 die Grundherrschaft des Kölner Stifts St. Kunibert und mit der preußischen Neuordnung ging der Hof 1818 in den Besitz der letzten Pächter, der bürgerlichen Familie Kautz bzw. Spürck über.
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Weiherpartie (1928). Foto: Josef Spürck. ©Archiv Burg Schwadorf
Bis in das 20. Jahrhundert wurde der Hof bewirtschaftet und blieb die Anlage erhalten: Der Weiher hatte in den zwanziger Jahren noch die Größe, dass er – glaubt man der Bildunterschrift des Fotografen von 1928 – eine „Weiherpartie“ erlaubte. Im Hintergrund des Bildes erkennbar ist das Wohngebäude des Hofes mit seinem charakteristischen Krüppelwalmdach, ein Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert.
Innenhof (1928). Foto: Josef Spürck. ©Archiv Burg Schwadorf
Nach Norden hin und auf der südlichen Hofseite war das Haus verputzt, was in früheren Zeiten aus Gründen des Brandschutzes häufig gemacht wurde und den gern gesehenen Nebeneffekt hatte, einfaches Fachwerk optisch dem soliden Mauerwerk gleichzustellen. Auf der Wetterseite nach Westen war die gesamte Giebelwand mit einer Backsteinmauer verkleidet.
Weiherhof von Süden (1926). Foto: Josef Spürck. ©Archiv Burg Schwadorf
Die Einfahrt zum Hof erfolgte im Südwesten nahe beim Wohnhaus: Wohnhaus, Stallungen und Scheunen bildeten ein geschlossenes Areal in Form eines traditionellen Mehrkanthofes, dessen östliche Seite von der großen Fronscheune beschlossen wurde. Alle diese Wirtschaftsgebäude waren zum Hof hin ebenfalls verputzt bzw. gekälkt.
Mit dem Generationenwechsel in den sechziger Jahren wurde die landwirtschaftliche Nutzung der Hofanlage eingestellt; Landwirtschaft wurde auch in der folgenden Generation betrieben, nun aber von einem in der Feldflur in Richtung Falkenlust gelegenen Neubaus (zunächst häufig „Neuer Weiherhof“ genannt). Die Anlage des Weiherhofes wurde der Siedlungsentwicklung zugeführt, die Hofanlage und mit ihr die freien Felder um die Hofstätte herum wurden gänzlich eingemeindet. 1969 wurden – woran sich alte Schwadorfer*innen noch lebhaft erinnern können – an einem Tag alle Wirtschaftsgebäude abgerissen. Im selben Jahr wurde der Weiher, der bereits in den dreißiger Jahren weitgehend zugeschüttet war, auch im nördlichen Bereich mit dem Aushub der Neubauten der südlichen Weiherhofstraße aufgefüllt.
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Straßenansicht aktuell (2020). Der Weiherhof aus heutiger Sicht von der Straßenabzweigung der Weiherhofstraße aus. ©Archiv Burg Schwadorf
Heute sieht man straßenseitig vom Weiherhof nur noch das Wohnhaus (Weiherhofstraße 9). Es wechselte ebenfalls 1969 den Besitzer und wurde von den heutigen Eigentümern erworben. Sie sanierten das Gebäude und wahrten zugleich die historischen Eigenheiten: Sie erhielten an der westlichen Giebelseite die Verkleidung durch die vorgestellte Backsteinmauer, legten aber an den übrigen Seiten das Fachwerk frei: Es zeigt im Süden nun fünf Fensterachsen mit einem engeren Verbund der mittleren drei Fenster, wodurch die Front deutlich rhythmisiert wirkt. Die Eingangstür zum Wohnhaus kommt durch die wiederhergestellte Steineinfassung in ihrer klassizistisch-klaren Aufteilung von großen rechteckigen Feldern mit einem horizontalen Oberlicht besonders zur Geltung, zumal die Fenster die althergebrachte Sprosseneinteilung bewahren und ohne die überlieferten Fensterläden freigestellt wirken. Auch durch den Wegfall der kleinen Sattelgauben nach der umfassenden Ertüchtigung des alten Dachstuhls ist diese klare Baugliederung betont worden.
Dass dieses Wohnhaus, das durch die Aushubmengen der neuen Nachbarbauten sogar etwas unter Straßenniveau geriet und sich heute so biedermeierlich-bescheiden zurücknimmt, jedoch Nachfolgebau einer Hofstätte mit über tausendjähriger Geschichte ist, von der aus die Verwaltung über Lehen in Schwadorf, Eckdorf, Walberberg bis hin nach Meschenich erfolgte, ist nur mit Hilfe zu erkennen. Die letzten Zeugnisse – das Wohnhaus, die nahe am Haus erkennbaren Bodensenken des vormaligen Wassergrabens, die Weiherhofstraße und der Bach – sind unter Schutz gestellt und als Bau- bzw. Bodendenkmal eingetragen und als wesentliche Elemente des Kulturlandschaftsbereich Schwadorf bestimmt.